Inner Walk – der Weg zu dir selbst. Nachdem ich im Sommer 2024 Nicolas Dohrmann kennengelernt habe, habe ich ihn in diesem März auf der thailändischen Insel Koh Phangan besucht.
Thailand – reisen und arbeiten
Es war auch ein erster Test über längere Zeit – einen Monat – das Reisen und Arbeiten zu kombinieren und es hat, trotz der Zeitverschiebung, hervorragend geklappt. An vier Nachmittagen habe ich online meine Kurse gegeben und den Rest der Zeit hatte ich, um die Insel kennenzulernen, Workshops oder Events zu besuchen und das Leben zu genießen. Über einen, den Inner Walk, möchte ich hier berichten.
Inner Walk – entwickelt vom buddhistischen Mönch Olan
Nicolas ist Coach und Facilitator für verschiedene Techniken wie State Shift, Lucid Dreaming oder Drop Out, die Menschen helfen, mehr über sich selbst zu erfahren und ihnen Werkzeuge in die Hand zu geben, um ihr Leben bewusster und glücklicher zu gestalten. (Mehr auf seiner Webseite NicolasDohrmann.com). In Koh Phangan hat er vor einigen Jahren die Technik namens „Inner Walk“ kennengelernt, die von einem buddhistischen Mönch namens Olan gelehrt wurde und hatte sie mir wärmstens empfohlen. Er selbst ist jetzt auch Betreuer für den Inner Walk. Das ist eine Technik, die es gerade für westliche Menschen, die sich manchmal mit der Meditation etwas schwertun, einfach macht, Achtsamkeit zu erlernen und zu erleben.

Die Technik selbst ist simpel und daher auch sehr einfach zu praktizieren. Beim Einführungskurs geht man 4 Tage lang, jeden Tag vier Stunden in einer freitragenden Shala (Halle für bewusste Körperübungen wie Yoga, Meditation, Qigong etc.) auf und ab, und zwar genau 15 Meter hin und zurück. Am Endpunkt dreht man auf dem Absatz um und kehrt zurück. Und das ist eigentlich auch schon alles. Es gibt keine anderen Regeln.
Es ist nicht so wie bei der Meditation, wo man Gedanken, die man bemerkt, sofort fliegen lassen soll, sondern man darf, und ich würde fast sagen soll, alles denken, was man will. Die einzige Aufgabe ist, sich die Gedanken möglichst bewusst zu machen und nicht in ein endloses Tagträumen zu verfallen. Und dazu dient genau der Wendepunkt, an dem man sich immer wieder bewusst macht, dass man umdrehen muss, also dieser Tagtraum immer wieder und wieder unterbrochen wird und einem so die Möglichkeit gibt, bewusster mit seinen Gedanken und Gefühlen umzugehen.
Natürlich darf man auch Pausen machen, um zu trinken oder zu essen oder einfach mal auszuruhen.
Die Ruhe nach dem Sturm im Wasserglas
Der Effekt ist erstaunlich. Zohar, einer unserer Betreuer, hat es mit einem Wasserglas verglichen, in dem aufgewühlte Erde ist. Um die Erde von dem Wasser zu trennen, ist es die einfachste Methode, das Glas einfach ruhig stehenzulassen, bis sich die Erde auf dem Boden abgesetzt hat. Dann wird das Wasser oben klar.
Und so war auch meine Erfahrung. Natürlich ist es nicht die leichteste Übung. Vier Stunden können sehr lang sein, wenn man einfach nur hin- und herläuft. Und am Anfang tauchen alle möglichen Gedanken und Gefühle auf, wie sinnlos und langweilig das alles ist, dass man seine Zeit besser verbringen könnte oder es zu anstrengend ist, dass man müde ist und die Füße wehtun etc. etc. Nach und nach gehen die Gedanken dann eher in Richtung alltäglicher Dinge, die Vergangenheit, die Zukunft, Probleme und Ähnliches.
Und bei den meisten ist es auch am zweiten Tag nicht besser. Bei mir war es der anstrengendste Tag. Denn dann setzte auch noch Langeweile ein, da mir keine sinnvollen Gedanken mehr kamen, über die es sich lohnte, länger nachzudenken. Und so setzten sich dann meine Gedanken auch immer mehr am Boden des Glases ab. Am dritten Tag war ich schon wesentlich ruhiger, hörte bereits mehr auf die Vögel und Geräusche um mich herum, fühlte den Wind auf der Haut oder den Kontakt der Füße auf dem Boden, roch die Gerüche und Parfüms der Leute, die neben mir gingen und die Gedanken wurden immer weniger.
Wer bestimmt über dein Leben?
Am vierten Tag hatte ich dann eine kleine „Erleuchtung“. Mir kam der Song „What‘s up?“ der Four Non Blondes in den Kopf, den ich manchmal mit der Gitarre singe und bei den Jahren mein aktuelles Alter einsetze. Der Text ist: „25 years and my life is still, trying to get up that great big hill of hope, for a destination“. Jetzt muss ich da also 65 years ….. einsetzen. Ich habe nämlich eigentlich auch nach 65 Jahren kein konkretes Ziel vor mir, wohin ich kommen möchte – außer natürlich immer weiter an die Wurzel meines Selbst zu gelangen.
Und dann dachte ich mir: „Wer bestimmt eigentlich über mein Leben?“ Und die Antwort, die mir in diesem Moment ganz klar wurde, war „das Leben bestimmt über mein Leben“. Man kann zwar in seinem Leben alle möglichen kleineren oder größeren Entscheidungen fällen, die bestimmt das Leben beeinflussen, aber letztendlich, wie lange ich lebe, ob ich eine schwere Krankheit bekomme, ob ich einen Autounfall oder einen Flugzeugabsturz habe, ob ich viel Geld verdient habe und dann durch ein schlechtes Investment wieder alles verliere und so weiter – das bestimme nicht ich, sondern das Leben. Allein dass ich existiere, ist schon ein riesiger Zufall, denn die Wahrscheinlichkeit war winzig, dass meine russische Mutter und mein deutscher Vater sich nach dem Krieg kennenlernten.
Don’t worry – be happy!
Und so kam ich darauf: „Wenn das Leben ohnehin über mein Leben bestimmt, warum sollte ich mir dann Sorgen machen? Diese Sorgen werden nichts ändern. Also kann ich auch genauso gut darüber lächeln.“
Und so vergingen die letzten zwei Stunden meines Inner Walks wie schwebend. Alle Schwere, die ich vorher in den Beinen fühlte, schien wie weggeblasen. Ich ging, oder besser gesagt, schwebte mit einem entspannten Lächeln über den Boden und genoss den warmen Tag auf dieser tropischen Insel, mit ihrer Wärme, ihren Geräuschen, ihrem leichten Wind, ihren Gerüchen und konnte mir nichts Besseres vorstellen, als hier zu laufen. Der Gong nach vier Stunden kam dann überraschend.
Inner Walk – Teilnahme auf Spendenbasis
Dieser Inner Walk wird auf Koh Phangan jede Woche angeboten und läuft auf Spendenbasis. Die Betreuer machen die Betreuung freiwillig und ohne Bezahlung.

Vor und nach jedem Gang gibt es noch eine Stunde Erklärungen und Sharing Circles, bei denen die Teilnehmer ihre Erfahrung mit dem Inner Walk mit den anderen teilen können. Die Gruppen sind meist zwischen 20 und 25 Personen aller Altersstufen.
Ich habe seit meinem Einführungskurs schon wieder ein paar Walks von ca. einer Stunde gemacht. Sobald ich den Boden der Halle betrat, stellte sich so etwas wie das Gefühl ein, wieder zu Hause zu sein.