Das Fazit meiner 3-Tage-Fahrradtour ist sehr ernüchternd. Und das, obwohl die Tour selbst sehr toll gewesen ist, aber auch sehr anstrengend. Man kann sagen, dass die Tour mich stimmungsmäßig erst mal ganz schön heruntergeholt hat. Ich bin danach wieder in ein depressives Loch gefallen, das ich so schon lange nicht mehr erlebt hatte. Warum? Ich denke, weil die Tour mir gezeigt hat, dass ich eine 3-monatige Tour unter ähnlichen Bedingungen nicht durchführen kann. Es ist einfach zu viel für meinen Körper. Die Tour hat mir gezeigt, dass ich nicht mehr 41 bin, sondern 61 und ich muss darauf Rücksicht nehmen. Ich darf mich nicht selbst überfordern oder verletzen und auf Supermann und „Indianerherz kennt kein Schmerz“ machen.
Ich kam nach Hause mit einer Menge Verletzungen und Wehwehchen, die jetzt, nach einer Woche, noch nicht alle auskuriert sind. Mit den Spikes der Pedale habe ich mir ziemliche Verletzungen an den Unterbeinen zugefügt, die sich am rechten Bein entzündet haben und jetzt erst ganz langsam, mit täglicher Behandlung mit Alkohol und Betaisodona zurückgehen. Meine Lippen waren total trocken und rissig, weil ich wegen der großen Anstrengung, viel durch den Mund geatmet habe. Das habe ich erst nach mehreren Tagen mit einem Lippenbalsam von Weleda wieder kurieren können.
Was mich am meisten irritiert, ist ein Taubheitsgefühl im linken kleinen Finger, das am dritten Tag der Tour auftauchte. Ich habe ein bisschen im Internet gestöbert und es kann durch eine Verengung eines Nervenkanals im Ellenbogen kommen. Wahrscheinlich ist es dadurch entstanden, dass ich komplett eingemummelt im relativ engen Schlafsack geschlafen habe und auch meine Arme im Schlafsack hatte. Das war natürlich nicht gerade bequem und die Arme lagen oft angewinkelt, was zu einer Abklemmung im Ellenbogen geführt haben kann. Das muss ich noch weiter beobachten. Ich hoffe, dass es sich von allein verbessert.
Was mich allerdings erstaunt hat, ist das meine Knie optimal durchgehalten haben. Ich hatte überhaupt keine besonderen Beschwerden.
Fazit 2: Ich habe vor Kurzem in einem TED-Talk von Karla Souza einen dieser Sprüche gehört, die sich einprägen. Ihr wisst, manche Sachen habt ihr schon tausendmal gehört, aber auf einmal sagt jemand sie auf die einzigartige Art und Weise, die sich bei euch einprägt. So war dieser Satz, ein Zitat von Winston Churchill, dass ich etwas abgewandelt und gekürzt habe, nämlich:
Der Weg zum Erfolg ist mit Misserfolgen gepflastert
Eigene Erkenntnis
Hört sich erst einmal negativ an. Das kommt aber darauf an, was du aus deinen Misserfolgen machst. Wenn du immer wieder daraus lernst, macht es dich immer besser, es werden Lernerfolge, und irgendwann werden die „Misserfolge“ immer kleiner, denn du bist deinem Ziel schon viel näher gekommen.
Ein anderes schönes Zitat zu dem Thema kommt von Thomas Edison, der die Misserfolge ins Positive gedreht hat:
„Ich bin nicht gescheitert – ich habe 10.000 Wege entdeckt, die nicht funktioniert haben.“
Thomas Edison
So fühle ich mich heute. Ich musste mich in den letzten Tag wieder Tag für Tag aufbauen, mich an den Haaren aus der Scheiße ziehen, wie man so schön sagt. Aus der Stimmung, dass ich mein großes Ziel mal locker vergessen kann, über „egal, das Leben geht auch ohne mein großes Ziel weiter“ bis „ok, mal sehen, was können wir verändern, um mein großes Ziel zu erreichen. Was für Zwischenschritte müssen wir vielleicht einlegen.“
Ich bin also von der absoluten Trostlosigkeit in nur vier Tagen wieder zu einem positiven Pragmatismus gekommen. Was immer noch nicht heißt, das ich super drauf bin, aber ich bin auf dem besten Weg. Was mir dabei sehr geholfen hat, war natürlich meine Tagesroutinen wieder konsequent aufzunehmen, die ich in den Tagen nach der Reise zuerst vernachlässigt habe, mit der Entschuldigung, dass ich mich ja erst mal erholen muss und es mir gönnen kann, nicht so früh aufzustehen. Aber das war reiner Selbstbetrug. Ich habe mich nur in meiner schlechten Stimmung gebadet.
Nachdem ich also meinen ersten Frust verdaut hatte und mein Geist wieder anfing positiv zu denken, bin ich auf folgende Dinge gekommen, die ich vor oder bei der nächsten längeren Tour ändern muss:
Änderungen am Fahrrad:
- Ich muss die Pedale am Fahrrad wechseln, um mich nicht zu verletzen, denn einen Kontakt mit den Unterbeinen, speziell, wenn das Fahrrad mit Gepäck beladen ist, lässt sich kaum vermeiden.
- Die Satteltaschen sind so nicht gut oder nicht gut angebracht, da die Hacken der Füße beim Treten oft daran schlagen. Ich muss nach Alternativen suchen oder sie anders befestigen.
Änderungen in der Planung:
- Die Tagesabschnitte sollten kleiner sein, damit es nicht so anstrengend ist und man auch am Nachmittag noch Zeit hat ein bisschen von der Umgebung erkunden zu können
- Ich müsste mindestens jede zweite Nacht in einer Herberge oder auf einem Campingplatz schlafen, um mich zu erholen und meine Geräte aufladen zu können
- Ich sollte vor der großen Reise eine 1-Wochen oder 10 Tage Test-Tour unter den neuen Bedingungen machen, vielleicht einen Teil des Jakobsweges, der überall Herbergen hat, die teils sogar kostenlos für die Pilger sind
Änderungen beim Gepäck:
- Das nächste Mal sollte ich auch einen kleinen Erste-Hilfe-Kasten mitnehmen 😉
Wer die einzelnen Tage meiner 3-Tage-Tour nachlesen und die Fotos sehen möchte klickt hier:
Sehr cooler Blog-Artikel. Aber genau so geht es. Wenn es nicht geht, wie man es sich vorstellt, lautet die Frage: wie geht es stattdessen? Ich finde Deine Schlußfolgerungen super und bin gespannt, was Neues an Schwierigkeiten und Lösungen dazukommt, wenn Du die erste Rutsche umgesetzt hast!
Hallo Thomas, ja, du verlässt deine Komfortzone ja praktisch permanent. Hut ab. Es freut mich daher besonders, das dir der Artikel und die Schlussfolgerungen daraus gefallen haben. Ich denke spätestens im Herbst wird die nächste mehrtägige Tour kommen.
Hi Sascha! Ja, ich fand es richtig mutig was du gemacht hast! Das Problem ist meistens der Kopf voll mit Gedanken, die geplagt sind von leidenden Gefühlen! Warum tue ich mir das? Was will ich mir Beweisen? Welcher Zweck? Was muss ich in Anspruch nehmen um das negative ins positive zu bringen?
Ich habe gerade ein Buch gelesen „El libro que el cerebro no quiere leer“ que dice: que nosotros no somos esos pensamientos y además esos pensamientos son asociativos. Bueno HONESTAMENTE yo te felicito! Y mejor organizado y relajado sin hacerte el superman y como dijiste parando más y sin hacer carreras yendo a un camping p.ej. etc parar en un bar…etc.
Yo si vas a hacer un tour por el Jakob weg te acompaño! :;)
Vale Vivi, me acompañas en bici? Porque lo voy hacer. Aber vielleicht können wir ja auch eine Kombi machen. Ein Teil geht zu Fuß den Jakobsweg und der andere mit Fahrrad und wirtreffen uns abends immer wieder.