Ich sitze hier in dunkler Nacht und hoffe, dass ich heute Nacht die Sterne sehen kann. Ich habe mein Zelt unterhalb des Montserrat aufgebaut, eines Berges, der wie ein Riesenreptil am Ende des Penedes-Tales aufragt und es abschließt.
Gestern Abend, vor meiner Abreise, hatte ich totale Angst, was das für eine Schnapsidee ist, nachts wild irgendwo in der Einöde zu campen. Außerdem fühlte sich mein Rücken nicht so gut an und meine Knie sind ja immer ein Problem. Gedanken an wilde Tiere und Serienmörder. Es ist schon irre, was der Kopf so alles produziert, wenn er einen davon abhalten will die Komfortzone zu verlassen. Ein schönes Zitat dazu ist:
„Everything you want is on the other side of fear.“
Jack Canfield – Autor von „Hühnersuppe für die Seele“
Jetzt liege ich hier, wie gesagt am Fuße des Montserrat, im Dunkeln in meinem Zelt, auf einer erstaunlich bequemen Luftmatratze und höre die Grillen zirpen. Es können auch Frösche sein. Ich glaube, es sind Frösche. Bis eben gab es noch ein reichhaltiges Vogelkonzert.
Die Reise hierher, 71 km, war wunderschön und abwechslungsreich, aber auch sehr anstrengend. Was ich gelernt habe: Don’t trust Google-Maps. Google-Maps hat mich wirklich über nette Pisten geführt, aber das Thema Steigungen hat es noch nicht so unter Kontrolle. Es sollten zumindest Warnungen kommen, wenn bestimmte Steigungswinkel überschritten werden, sodass man dann Alternativwege aussuchen kann. Gerade zum Schluss ging es praktisch immer nur bergauf und teilweise mit so starken Steigungen, das ich mein Rad schieben musste. Und selbst das war wegen des ganzen Gepäcks nicht gerade ein Leichtes. Als ich am Ziel, Colbató, ankam, habe ich im Supermarkt erst mal eine Tüte Haribo gekauft und sie verschlungen. Ich brauchte schnellstmöglich Energie.
Der erste Teil der Strecke war von Vilanova nach Sant Pere de Ribes (BV 2112) und danach weiter durch den Garraf Richtung Olivella (BV 2111), und danach die BV 2415 auf den Bergkamm, der vor dem Penedes Tal liegt. Es gibt eine starke Steigung von ca. 5 km ab Beginn der BV 2415 nach der Abzweigung nach Olivella. Als ich oben ankam, musste ich mich belohnen und kehrte in der uruguayischen Pizzeria „No te va a gustar“ (Es wird dir nicht gefallen) in Can Trabal ein. Dort gab es einen typisch uruguayischen Kuchen aus Baiser mit Pflaumen namens Isla Flotante (schwimmende Insel), der mit Zabaione-Creme serviert wird. Sehr lecker. Auch das Glas hat mich überrascht. Es sah aus wie der schiefe Turm von Pisa.
Danach ging es weiter auf dem Bergrücken, oder besser gesagt der Hochebene, über kleine Feldwege, parallel zur N-340 Richtung Avinyo Nou, einem kleinen Dorf, in dem es einen ausgezeichneten Weinkeller namens „Tres Tombs“ gibt.
Jetzt fuhr ich auf der N-340 bis zur Abzweigung nach Sant Sadurni d’Anoia, der Hauptstadt des Cava (Sekt), wo unter anderem so bekannte Marken wie Freixnet und Cordoniu ihr Domizil haben. Ich wollte unbedingt die BP-2427 fahren, denn die bin ich schon oft mit dem Auto gefahren und wusste, dass sie eine rasante Abfahrt bis ins Tal hat. Außerdem hatte ich von dort das erste Mal die Aussicht auf mein Tagesziel, den Montserrat.
Nach einer Mittagspause in Sant Sadurni ging es weiter, meist über gut befahrbare Pisten, in Richtung Colbató. Und der Berg rückte immer näher und ragte über den Weinbergen auf.
Der Tipp meines Freundes Niklas von Brandinavia, eine Hängematte mitzunehmen, hat sich übrigens sehr bewährt. Erstens kann man sie überall aufhängen und muss sich nicht auf einer Isomatte auf den Boden setzen und zweitens ist die hängende Position sehr entspannend für den Rücken, was bei längeren Fahrradfahrten sehr angenehm ist.
Kurz vor Colbató schickte mich Google-Maps noch einmal mit einer rasanten Abfahrt in ein Tal, nur um mich auf der anderen Seite mit einer Megasteigung zur Siedlung „Sierra Alta“ (hoher Gebirgszug) hochzuschicken. Diese Abkürzung hätte ich mir gerne gespart und wäre dafür lieber etwas weiter gefahren. Aber von dort war es dann nicht mehr weiter zu meinem Ziel, Colbató, einem kleinen Bergdörfchen direkt am Fuße des Montserrat.
Der alte Ortskern von Colbató ist nur ein Bruchteil des heutigen Ortes, der hauptsächlich durch Neubausiedlungen geprägt ist. Bekannt ist Colbató durch die Salnitre-Höhlen, die tief in den Montserrat hineingehen und wirklich sehenswert sind.
Die Nacht am Montserrat war nicht so erholsam. Dort geht nämlich die Autobahn A2 vorbei, und die hat man die ganze Nacht gehört. Inklusive Hundebellen und ab und zu Pferde Wiehern und Esel Gebrüll vom nahe gelegenen Reitstall. Letztendlich habe ich mit Oropax geschlafen.
Fazit: Diese Strecke würde ich so wohl nicht mehr machen, aber es war trotzdem beeindruckend. Überall ist der Thymian am Blühen und es riecht einfach herrlich. Die Strecken durch die Penedes, liefen weit ab von asphaltierten Verkehrswegen, gut befahrbar und mit gemäßigten Steigungen. Nur im letzten Abschnitt, kurz vor dem Montserrat, wäre ich lieber ein paar Kilometer mehr gefahren, anstatt ein Tal zu durchqueren und auf der anderen Seite wieder den kompletten Anstieg machen zu müssen.
- Tag 1 – Vilanova – Colbató/Montserrat (71 km) – „Don’t trust Google-Maps“
- Tag 2 – Colbató – Alt Camp (ca. 50 km) – „Nach der nächsten Kurve geht es bestimmt bergab.“
- Tag 3 – Alt Camp – Vilanova (ca. 65 km) – Geliebtes Mittelmeer
- Fazit – Der Weg zum Erfolg ist mit Misserfolgen gepflastert