Archive : Lebensphilosophie

Hilfe, wenn alles zusammenbricht

Wenn alles zusammenbricht. Wie kann jemand so einen Titel für ein Buch wählen, dass dir helfen soll? Ein Buch, das von den Lehren des Buddhismus handelt. So etwas kann, glaube ich, nur die jetzt 87jährige

Pema Chödrön

Pema Chödrön. Sie ist eine buddhistische Nonne, Meditationsmeisterin und Leiterin des Klosters Gampo Abbey in Kanada.


Bevor sie Nonne wurde, war Pema eine normale, weltliche Frau und Mutter. Und vielleicht macht das den Unterschied in ihren Texten aus. Man hat nicht das Gefühl, dass eine spirituelle, vom Leben losgelöste Person schreibt, sondern eine Person, die mit den gleichen Problemen und Sorgen belastet war, und teilweise noch ist, wie du und ich.

Und so kann sie auch gut über Abgründe und schwierige Zeiten schreiben. Die Kapitel haben Titel wie „Mit der Angst leben“ oder „Hoffnungslosigkeit und Tod“, aber auch „Alles lassen wie es ist“ und „Es ist nie zu spät“. Ihre Sprache ist sehr lebendig und direkt. Sie bringt oft Beispiele aus ihrem Leben oder erzählt von anderen Personen, die eine Rolle in ihrem Leben gespielt haben. Ihre Ratschläge sind mitunter von provokativer Direktheit und fordern dich auf, mit voller Neugier in das unerforschte Gebiet deiner Schwierigkeiten einzudringen. Und in jedem Kapitel schafft sie es, das scheinbar Negative, die schmerzlichen Erfahrungen, in positive Lernprozesse umzusetzen.

Hilfe in schwierigen Zeiten

Dieses Buch hat mir in der Pandemie wesentlich dabei geholfen, meine schweren Zeiten durchzustehen und aus ihnen sogar noch etwas Positives und Lebensveränderndes herauszuziehen. Man kann sagen, dass es zu etwas wie einem ständigen Begleiter geworden ist, der jetzt seinen festen Platz auf meinem Nachttischchen hat. Außerdem ist es ein Teil meiner Morgenroutine zumindest ein wenig in einem spirituellen Buch zu lesen.

Immer wieder passierte es mir, dass ich ein Kapitel anfing zu lesen und das Gefühl hatte, dass sie es für mich geschrieben hat, dass es haargenau zu der Situation passt, die mir gerade passiert ist oder in der ich gerade stecke. Es war und ist immer noch verblüffend. Denn das Gleiche ist mir auch in anderen Büchern von ihr passiert.

Maitri und Samsara

Die zentralen Themen in ihren Büchern sind „Maitri“, bedingungslose Selbstliebe und „Samsara“, der Kreislauf des Leidens, den es gilt aufzulösen. In der deutschen Ausgabe von Goldmann gibt es am Schluss des Buches noch ein kleines Glossar zu den buddhistischen Begriffen.

Es ist aber nicht nur ein Buch für Menschen, die sich für den Buddhismus interessieren. Es ist ein Ratgeber für Menschen, die an ihren Problemen wachsen wollen und auf diesem Weg erkennen können, dass Glück und Zufriedenheit zur wahren Natur des Menschen gehören.

Nimm dir die Zeit! Sie ist begrenzt

Gerade habe ich erfahren, dass die Frau eines Freundes von mir plötzlich verstorben ist. Sie war noch nicht alt. Ein Schlaganfall. Innerhalb von einer Woche ist sie vom Zustand des Lebens zum Zustand der Nichtexistenz gewechselt. Letzte Woche Montag kaufte sie noch Brötchen und jetzt ist sie einfach nicht mehr da, oder zumindest ihre leibliche Präsenz.

Es ist schockierend und unumkehrbar. Man wird nicht mehr mit ihr reden oder lachen können. Alle Worte, die man ihr noch hätte sagen wollen, bleiben jetzt ungesagt.

Manchmal kann man sich auf den Abschied vorbereiten. Aber manchmal passiert es ganz plötzlich. Und trotzdem zeigen dir  beide Versionen das Gleiche. Die unplanbare Endlichkeit des Lebens.

Wir haben also nicht unendlich Zeit! Können wir uns dann Zeit nehmen?

Fangen wir anders an. Was macht dich glücklich? Weißt du es? Welches sind die Momente, in denen du dich glücklich fühlst? Die meisten Momente, in denen du dich glücklich fühlst, sind die Momente, in denen du genau das tust, was du gerne tun möchtest. Momente, in denen du dich vielleicht deinem Hobby widmest, in denen du vielleicht mit deiner Familie; Freunden oder einem geliebten Menschen zusammen bist. In denen du meditierst. In denen du Musik machst. Und und und. Zeitlose Momente

Aber so widersprüchlich es klingt –  genau für diese Momente brauchst du Zeit. Also nimm sie dir. Denn das Leben ist unplanbar.  

Oder fragen wir andersherum: Was hindert dich daran, glücklich zu sein? Musst du arbeiten? Musst du dein Handy checken? Musst du dich um deine Familie kümmern? Musst du wirklich?

Die ewig alte Frage: was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass dies dein letzter Tag ist? 

Oder geben wir uns ein wenig mehr Zeit. Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass dies dein letzter Monat ist? Was würdest du sein lassen?

Ich denke, nur wenn man sich diese Frage stellt, weiß man, was man eigentlich nicht machen möchte. Mit welchen Tätigkeiten man die wertvolle Zeit seines Lebens verschwendet. 

Klar, manche Dinge kann man vielleicht nicht von heute auf morgen ändern. Aber vielleicht doch. Was brauchst du wirklich für dich? Kannst du deine Bedürfnisse vielleicht reduzieren und dann ganz andere Sachen machen als jetzt?

Und selbst wenn nicht. Du kannst definieren, was dir wichtig ist und planen, um dein Ziel nach und nach zu erreichen.

Aber du solltest jetzt damit anfangen

Ich zum Beispiel wollte mehr Flexibilität, damit ich auch mal spontan meine Zeit anders planen kann, um Dinge machen zu können, zu denen ich Lust habe. 

Und so habe ich meinen Vertrag bei der Sprachschule aufgelöst und arbeite jetzt nur noch selbstständig. So kann ich dann auch mal eine Woche oder zehn Tage während der Schulzeit verschwinden, da ich mit meinen Privatschülern flexibler umgehen kann.

Außerdem habe ich meine Hobbies, Musik und Qigong, auch zu einem Teil meines Einkommens gemacht. Wir machen Auftritte und die Qigong-Kurse, die ich bisher gratis gegeben habe, habe ich auf Spendenbasis umgestellt und es hat sich gelohnt. Zwar ist der Hauptteil meines Einkommens immer noch der Unterricht, aber es hat sich immerhin schon zu einem 80/20 entwickelt. 

Und ich würde gerne noch unabhängiger werden, denn ich möchte noch mehr Reisen und Erfahrungen in anderen Ländern machen. Aber dafür muss ich meine Unterrichte noch mehr reduzieren oder flexibler gestalten und mehr Einkünfte durch meine Hobbies generieren. 

Ich mache jetzt schon immer mehr Online-Unterrichte, und die kann ich von überall machen. Und ich denke auch darüber nach, wie ich die Einkünfte durch meine Hobbies immer mehr ausbauen kann.

Doch es gibt eine Sache, die man jederzeit machen kann: sich mehr Zeit nehmen

Mehr Zeit, um mit den Menschen, die man liebt, zu sein. Mehr Zeit, um sich ein Bild genau anzuschauen. Mehr Zeit, um sich hinzusetzen und die Natur zu genießen. Mehr Zeit, um den Moment intensiv zu erleben.

Und wie macht an das? Indem man sich auf den oder das andere konzentriert. Indem man volle Aufmerksamkeit oder Achtsamkeit schenkt.

Vielleicht das Handy stumm schaltet, vielleicht eine Verabredung weniger macht. Vielleicht indem man eine Serie weniger sieht. Oder indem man daran geht, die Sachen zu reduzieren, die man eigentlich nicht machen will.

Nimm dir die Zeit! Denn du weißt nicht, wie viel du hast.

Ausnahmezustand – was bedeutet das?

Wir befinden uns im Ausnahmezustand. Was bedeutet das? Eigentlich hat der Begriff Ausnahmezustand etwas Negatives. Ein Zustand, in dem wir nicht die Sachen tun können, die wir normalerweise machen. 

Der Corona Virus hat uns in einen Ausnahmezustand geführt. Das hat ganz klar viele negative Seiten, z. B. das Leute sterben, das wir in unseren Freiheiten eingeschränkt sind, das die Kultur ungeheuer leidet, das alle Menschen unter dem Mangel von Kultur leiden und das vor allem junge und alte Menschen auf ihre gewohnten Arten der sozialen Kontakte verzichten müssen. Ich bin darüber sehr traurig. 

Trotz allem habe ich nach kurzer Zeit der Frustration noch in der ersten Welle des Lockdown, versucht für mich etwas Positives aus dieser Situation zu ziehen. Ich hatte viel Zeit für mich und hatte praktisch keine Verpflichtungen mehr. Selbst arbeiten konnte ich zu dieser Zeit nicht. 

Also habe ich diese Zeit genutzt, um an meiner Transformation zu arbeiten. Ein Teil dieser Transformation ist, die Dinge von einer anderen Seite her zu betrachten, von der positiven Seite.  

Ausnahme von einem gewohnten Zustand

Schauen wir uns also einmal das Wort Ausnahmezustand etwas genauer an. Es sagt, dass es die Ausnahme von einem gewohnten Zustand ist. Und jetzt betrachten wir doch einmal unseren gewohnten Zustand. Sind wir mit unserem gewohnten Zustand zufrieden? Ist unser gewohnter Zustand der, den wir uns einmal für unser Leben vorgestellt haben?

Wenn ja, dann herzlichen Glückwunsch – für euch ist der Ausnahmezustand wahrscheinlich eine „putada“ (im Spanisch Wörterbuch nachschauen) oder im positiven Falle ist er euch vollkommen egal.

Für alle aber, die mit ihrem „gewohnten“ Leben eigentlich nicht ganz so zufrieden sind, kann ein Ausnahmezustand ja vielleicht auch etwas Positives bringen. Eine Ausnahme zu eurem gewohnten Leben ist normalerweise vielleicht der Urlaub oder eine besondere Feier oder die Geburt eines Kindes, sei es Tochter/Sohn, Nichte, Neffe oder Enkel/in. Das sind positive Ausnahmen. Es gibt natürlich auch negative.

Aber ich konzentriere mich jetzt auf die Positiven. Also wir haben einen Ausnahmezustand zu unserem gewohnten Leben. Schauen wir also nicht, wo wir jetzt überall eingeschränkt sind, sondern schauen wir mal auf die Freiräume, die uns dieser Ausnahmezustand bietet.

Zeit zum Durchatmen

Wir können – ganz ohne schlechtes Gewissen – zu Hause bleiben und ich habe jetzt zum Beispiel mehr Zeit zum Schreiben. Aber auch zum Sport machen, meditieren, lesen, mich weiterbilden, mich um meine Familie kümmern etc. etc. Und ich nutze diese Zeit, um immer mehr über mich selbst zu erfahren, mich immer mehr zu reflektieren, zu sehen wie ich agiere und reagiere, zu erkennen oder erahnen, warum ich das so mache, wie ich es mache. Zeit zum Durchatmen. 

Also versuche diesen Ausnahmezustand anzunehmen und als eine andere Person diesen Ausnahmezustand wieder zu verlassen.

Nutze die Ausnahme, denn es ist die Ausnahme von der Regel!

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