Was ist ein außergewöhnliches Leben? Gestern Mittag habe ich Fieber bekommen und mich grippig gefühlt. Ein Schnelltest war negativ. Außer Fieber und Kopfschmerzen hatte ich auch keine richtigen Symptome. Jetzt bin ich isoliert in meinem Zimmer und lese hauptsächlich. Endlich mal wieder ein gutes Buch „Das größere Wunder“ von Thomas Glavinic. Wirklich mitreißend geschrieben. Ein Buch, das unter die Haut bis in den Kopf geht. Weil es um das Verständnis der Welt geht. Und die Hinterfragung der Wirklichkeit. Ich glaube, dies sind die einzigen Bücher, die es sich lohnt zu lesen. Bücher, die etwas über das Leben erzählen. Wie mein Lesezeichen mit einem Spruch von Hermann Hesse mich immer erinnert: „Bücher haben nur einen Wert, wenn sie zum Leben führen und ihm hilfreich sind.“
Jetzt ging es gerade über das Monster Angst: „Wichtig ist im Leben, dass man den Mut hat, ein neues Leben zu führen, eines, das noch niemand zuvor gelebt hat. Die meisten Leute sind feige und beschränken sich darauf eines zu leben, dass es schon vorher gegeben hat.“
Außerdem hatte ich ein kurzes Gespräch mit meiner Tochter. Sie meinte, dass die Familie nicht dasselbe wäre, wenn ich nicht da wäre. Darauf meinte ich, dass ich deswegen auch noch auf dieser Welt bleiben möchte. Und sie entgegnete, dass ich nur für mich selbst auf dieser Welt bleiben sollte. Nicht für jemand anderen. Ich sei nicht verpflichtet für jemand anderen hierzubleiben.
Die Frage ist, ob man wirklich so egoistisch denken soll. Lässt sich ein außergewöhnliches Leben, eines, dass noch keiner gelebt hat, leben, wenn man auf der anderen Seite die anderen nicht alleine lassen will, den anderen helfen will?
Aber es nützt wahrscheinlich nichts in einem Leben gefangen zu bleiben, in dem man eigentlich den anderen helfen will, sich aber selbst nicht wohl oder sogar depressiv fühlt.
Und welches Leben will ich leben? Ich glaube ein direktes. Eines, in dem man ständig mit etwas Neuem konfrontiert wird und darauf reagieren muss. Ein lebendiges Leben.
Aber wie lebt man so ein Leben? Indem man sich an immer neue Orte begibt und immer neue Räusche erfährt oder indem man in der kleinsten Kleinigkeit etwas Neues und Einzigartiges entdeckt, da es in diesem Moment neu und einzigartig ist. Denn in diesem Moment hat es das noch nie gegeben und es wird auch nie mehr so sein. Das Lächeln deines Nachbarn, der Sonnenstrahl oder Regentropfen, der dich trifft, die Isolation, in der du dich befindest, weil du vielleicht Covid hast oder auch nicht. Das Leid, deine Einsamkeit, deine Freude, deine Faszination. Alles ist einzigartig, da es nur in diesem Moment passiert.
Also bleibt die Frage offen. Erlebst du so ein außergewöhnliches Leben, indem du außergewöhnliche Dinge tust oder indem du außergewöhnlich tief empfindest? So als ob du ständig auf LSD oder Psilocybin wärest. Täglich meditieren, täglich deine Achtsamkeit und Empathie trainieren. Was ist der Weg? Gibt es einen Richtigen oder einen Falschen? Ist es eine Kombination der Beiden?
Ich denke, es sollte der Weg sein, auf dem du dich innerlich richtig fühlst, egal ob du gerade glücklich oder traurig bist, egal ob du euphorisiert bist oder dich langweilst.
Die Frage ist, ob du dich, unabhängig von allen Gefühlszuständen, trotzdem auf dem richtigen Weg fühlen kannst?
Also, was ist dein außergewöhnliches Leben?